Antarktis, Geographie, Ansprüche und Forschungsstationen
Der politischer Status der Antarktis
Der politische Status
der Antarktis wird seit 1961 durch das
Antarktische
Vertragssystem bestimmt. Gemäß Artikel IV des Antarktisvertrags werden
bestehende Gebietsansprüche nicht berührt, es können während der
Geltungsdauer auch keine neuen Ansprüche geltend gemacht werden. Diese
Regelungen betreffen die Region südlich des 60. südlichen
Breitengrads.
Territorialansprüche
Bis zum frühen 20. Jahrhundert wurden keine
Gebietsansprüche in der
Antarktis gestellt oder, wenn eine Inbesitznahme wie im Falle des
Victorialandes durch James Clark Ross 1841
erfolgt war, diese durch die jeweilige Regierung nicht bestätigt. Eine
offizielle Anfrage durch Norwegen an die britische Regierung im Jahre 1907,
ob die antarktische Küste südlich der
Falkland-Inseln und
Südgeorgiens britisches Territorium sei, brachte diese in Zugzwang und
1908 wurde per königlichem Patent der Sektor zwischen 20° und 80° westlicher
Länge zu britischem Territorium erklärt. In den 1920er Jahren erhob
Großbritannien Lizenzgebühren für den Robbenfang und das Betreiben einer
Funkanlage auf den
Südorkney-Inseln durch Argentinien, was von der argentinischen Regierung
scharf abgelehnt wurde.
Bis 1946 hatten sieben Nationen Gebietsansprüche
erhoben, nur der Sektor zwischen dem 90. und dem 150. westlichen Längengrad
war noch unbeansprucht. Die Anerkennung der Ansprüche erfolgte gegenseitig
durch Australien, Frankreich, Großbritannien und Neuseeland, während
Argentinien und Chile wegen der untereinander und mit dem britischen Sektor
überlappenden Ansprüche keine Anerkennung aussprachen.
Die USA und die Sowjetunion erkannten
Gebietsansprüche nicht an und behielten sich ihrerseits solche vor. Das
Deutsche Reich wies den norwegischen Anspruch am 23. Januar 1939 ebenfalls
durch eine
Protestnote zurück und behielt sich volle Handlungsfreiheit hinsichtlich
zukünftiger Ansprüche vor.
Die derzeit bestehenden Ansprüche betreffen den
antarktischen Kontinent von der Küstenlinie zum Südpol und die vorgelagerten
Inseln bis 60° südlicher Breite. Nur Norwegen lehnt als Anspruchsstaat diese
„Sektorentheorie“ ab und hat die südliche Ausdehnung des von ihm
beanspruchten
Königin-Maud-Landes nicht definiert.
Politische Aktivitäten bis zum Inkrafttreten des Antarktisvertrages
1947 ließ der US-amerikanische Admiral
Richard Byrd Flaggen aller UN-Staaten über der Antarktis
abwerfen, um sie der Gemeinschaft aller Länder zuzuführen. Indien griff 1956
das Antarktisthema auf und regte an, die Antarktis unter Aufsicht der UN zu
stellen. Diese Initiative wurde von Brasilien und einigen anderen
Entwicklungsländern unterstützt. Zur gleichen Zeit begann mit dem
Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957/58 die
systematische Erforschung, die zu einer intensiven Zusammenarbeit von
Wissenschaftlern verschiedener Nationen führte. Es entstanden 40 Stationen
auf dem Festland, weitere 20 auf den Inseln, die von insgesamt 67 Ländern
betrieben wurden. Die guten Erfahrungen aus dieser Zusammenarbeit führten
schließlich zur Unterzeichnung des
Antarktisvertrages, der 1961 in Kraft trat.
Politische Entwicklung nach 1961
Die Probleme, die mit den sich teilweise
überschneidenden Gebietsansprüchen verbunden waren, wurden durch den
Antarktisvertrag auf Eis gelegt und die Zusammenarbeit zwischen den
Unterzeichnerstaaten führte zu einer raschen Erforschung des Kontinents.
Weitere Abkommen zum Schutz der antarktischen Fauna und Flora (1964), zum
Schutz der antarktischen Robben (1978) und zur Erhaltung der lebenden
Ressourcen (sogenannte Krill-Konvention, 1982) wurden beschlossen. Im
Antarktisvertrag nicht geregelt war jedoch der Umgang mit mineralischen
Rohstoffen. Besonders Umweltschutzorganisationen mahnten einen
Handlungsbedarf an, obwohl keine wirtschaftlich interessanten Lagerstätten
bekannt waren. Die in größeren Mengen in den eisfreien Gebieten vorhandenen
Kohle- und
Eisenerz-Lagerstätten
haben eine so geringe Qualität, dass die Abbau- und Transportkosten den Wert
der Rohstoffe deutlich überstiegen hätten.[2]
Geologen vermuten zwar Öl und Erdgas auf dem antarktischen
Schelf und
in den
Sedimentbecken im Inneren des Kontinents[3],
aber unter einer bis zu 4 km mächtigen Eisdecke oder in Gewässern mit
Eisbergen von 3000 km² Fläche (etwas größer als das
Saarland)
ist eine Gewinnung auf absehbare Zeit nicht möglich.
Im Juni 1982 wurden Verhandlungen zum sogenannten
Rohstoffregime (CRAMRA) begonnen, um die Erkundung und Gewinnung
mineralischer Rohstoffe unter strengen Umweltauflagen zu regeln. Diese
Verhandlungen führten in der Öffentlichkeit zum Eindruck, dass die
Bodenschätze der Antarktis unter den
Konsultativstaaten verteilt werden sollten. In der Folgezeit griff
Malaysia
die Idee einer Antarktis unter UN-Verwaltung wieder auf. Es kam 1985 zu
einer UN-Debatte, bei der eine internationale Kontrolle und gerechte
Verteilung der Gewinne aus der Förderung von Bodenschätzen gefordert wurde.
Die UN nahm die Beschlussvorlage an, die Konsultativstaaten hatten die
Debatte aber boykottiert und ignorierten den Beschluss. Die
CRAMRA-Verhandlungen dauerten bis 1988 an, das Abkommen scheitertete aber
schließlich, da Australien und Frankreich es nicht zeichneten. Stattdessen
wurde im Oktober 1989 mit den Verhandlungen begonnen, die 1991 mit dem
Madrider Protokoll zum Antarktisvertrag abgeschlossen wurden. Dieses
Umweltschutzprotokoll untersagt jegliche Erkundung und Ausbeutung von
Bodenschätzen für 50 Jahre; Änderungen können erst danach und nur mit einer
3/4 Mehrheit der stimmberechtigten Unterzeichnerstaaten des
Antarktisvertrages beschlossen werden.
Beitrag durch Umweltschutzorganisationen
Umweltschutzorganisationen schlugen 1972 erstmals
vor, die Wildnis der Antarktis als Weltpark komplett unter Schutz zu
stellen. Die besonders aktive
Antarctic and Southern Ocean Coalition (ASOC) mit Mitgliedern wie
Greenpeace und dem
WWF kämpfte für
die Erhaltung der „letzten Wildnis“. Einer der Mitstreiter war
Sir Peter Scott, der Sohn von Robert
Falcon Scott. 1986/87 errichtete Greenpeace als erste
Naturschutzorganisation eine Forschungsstation auf der
Ross-Insel nahe der früheren Hütte von Antarktisforscher Robert Falcon
Scott und der amerikanischen
McMurdo-Station. Es wurden eine Vielzahl Studien und Forschungen zum
Thema Umweltschutz und globaler Ökologie durchgeführt, u. a. Analysen der
Umweltgifte im Wasser, Meteorologie und Meereisentwicklung. Nebenbei wurden
die umliegenden Stationen überwacht: Treibstoff, Müll, Altöl und Schrott
lagerten nahe der McMurdo-Station und verseuchten das empfindliche
Ökosystem. Durch eine moderne Öffentlichkeitsarbeit – die Greenpeace-Station
arbeitete mit Windgeneratoren und Satellitenkommunikation, während andere
Stationen noch vorwiegend Kurzwellen-Funk benutzten – wurde die
Weltöffentlichkeit über die Antarktis aufgeklärt. Bilder vom Bau von
Landebahnen in Brutkolonien der französischen
Dumont-d’Urville-Station erregten den Ärger der Menschen.
Weltpark
Antarktis
1983 legte Greenpeace ein
Konzept für einen „Weltpark Antarktis“ vor. Es baut auf vier
Grundprinzipien:
-
Die Ursprünglichkeit der antarktischen
Landschaft soll den höchsten Stellenwert erhalten.
-
Die Pflanzen und Tiere der Antarktis sowie ihre
Umwelt sollen uneingeschränkt geschützt sein (Fisch- und Krillfang kann
nur in begrenztem Umfang zugelassen werden).
-
Die Antarktis soll eine Region eingeschränkter
wissenschaftlicher Forschung sein, in der die Kooperation von
Wissenschaftlern aller Nationen gefördert wird.
-
Die Antarktis soll eine Friedenszone sein, frei
von allen Nuklear- und anderen Waffen sowie frei von militärischen
Aktivitäten.
1990 begannen die internationalen Verhandlungen für
ein derartiges Antarktisches Umweltschutz-Protokoll. 1997 wurde es von allen
26 stimmberechtigten Staaten unterzeichnet und konnte damit ab 14. Januar
1998 in Kraft treten. Erreicht wurde damit ein vorläufig auf 50 Jahre
begrenzter Schutz des gesamten Kontinentes. Ergänzend wurden
besonders geschützte Gebiete in der Antarktis ausgewiesen.
Aktuelle Probleme und Verhandlungen
Mit dem Madrider Protokoll, das 1998 in Kraft trat
und dem Beitritt etlicher Schwellenländer wie Indien, der Volksrepublik
China, Kolumbien oder Venezuela zum Antarktisvertrag in den 1980er Jahren
ist der alte Gegensatz zu den Antarktisfragen zwischen den vorwiegend
westlichen Konsultativstaaten (auch „Antarktisclub“ genannt) und den
Schwellen- und Entwicklungsländern inzwischen weitgehend beigelegt, da eine
Ausbeutung des Kontinents nicht mehr befürchtet wird. Trotzdem besteht
weiterhin Bedarf das Vertragssystem weiterzuentwickeln, denn bisher wurden
weder Haftungsfragen bei Umweltunfällen (wie beispielsweise beim Ölunfall
der
Bahia Paraiso 1989) geregelt, noch eine Regelung für die derzeit einzige
erlaubte wirtschaftliche Aktivität, den
Tourismus,
erlassen. Besonders letzterer Punkt erscheint dringlich, wenn man die
sprunghafte Zunahme der Besucherzahlen um 300 % in den letzten 10 Jahren
betrachtet.
Quellen
Bildnachweis
Weblinks
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