Antarktische Besonderheiten
Antarktischer Eisschild
Das auffälligste Merkmal des antarktischen Kontinents ist die fast völlige Vereisung. Der Antarktische Eisschild ist die größte Eismasse der Erde. Rund 90 % des irdischen Eises und 70 % der weltweiten Süßwasser-Reserven sind in dem bis zu 4500 m dicken Eisschild enthalten. Eine vergleichbare großflächige Vereisung gibt es auf der Erde gegenwärtig sonst nur in Grönland.
Nur etwa 280.000 km² des Kontinents sind eisfrei, was etwa zwei bis drei Prozent der Gesamtfläche entspricht. Die mächtigsten Eisschichten liegen im Marie-Byrd-Land im Westteil. Nur etwa 400 km von der Küste entfernt befindet sich an dieser Stelle ein tiefer subglazialer Graben, über dessen Grund sich das Eis 4776 m hoch erhebt. Die dünnsten Eisschichten findet man über den bis zu 3500 m hohen subglazialen Gebirgen im Inneren des Kontinents.
Als sich der antarktische Eisschild vor einigen Millionen Jahren bildete, senkte sich der Kontinent durch das enorme Gewicht der Eismassen in der Erdkruste ab. Bei einem Abschmelzen des Eises wird damit gerechnet, dass sich das Land wieder heben wird. Gleichzeitig würde sich beim vollständigen Abschmelzen der Meeresspiegel um etwa 61 Meter heben.
Das Eis ist in ständiger Fließbewegung vom Landesinneren auf die Küsten zu. Geographische Linien, an denen das Eis in unterschiedliche Richtungen fließt, werden Eisscheiden genannt, analog zu Wasserscheiden.
Der Eiszuwachs und -abfluss halten sich nicht genau die Waage. Während der Eisschild in den Jahren 1992 bis 2001 im Schnitt noch 112 Milliarden Tonnen zunahm und zwischen 2003 und 2008 82 Milliarden Tonnen wuchs verlor Antarktika zwischen 2008 und 2015 etwa 183 Mrd. Tonnen Eis pro Jahr, Tendenz steigend. Dies wird als Gletscherschmelze bezeichnet. Insbesondere die Antarktische Halbinsel ist aktuell vom Gletscherrückgang betroffen. Besonders drastisch wurde der Eisverlust deutlich bei der Auflösung großer Teile des Larsen-Schelfeises.
=> Antarktischer Eisschild
„Land“ unter und über dem Meer
Das Süßwasser-Eis Antarktikas bildet den Großteil der „Land“oberfläche und wird daher zum Kontinent gerechnet. Große Teile von Antarktika liegen unter Meeresspiegelniveau, sind jedoch bis über Meeresspiegelniveau von Eis bedeckt und werden üblicherweise als Teil des Kontinents angesehen.
Der tiefste Punkt ist der 2496 m unter dem Meeresspiegel liegende Bentley-Subglazialgraben in Westantarktika (♁80° 19′ S, 110° 5′ W). Er gilt als der tiefste nichtunterseeische Punkt der Erde.
Ohne Eisdecke würden die Umrisse des Kontinents völlig anders aussehen, als sie üblicherweise dargestellt werden. Westantarktika würde in drei große Teile zerfallen: die Antarktische Halbinsel, Marie-Byrd-Land und das Vinson-Massiv. Ostantarktika bestünde aus einer Landmasse mit riesigen Buchten. Die ostantarktische Landmasse wäre übersät mit vielen Seen und Binnenmeeren, deren Grund teilweise weit unter den Meeresspiegel reicht.
Seen unter dem Eis
In Antarktika gibt es Seen aus flüssigem Wasser unter dem Eis, sogenannte subglaziale Seen. Diese bestehen vorrangig aus Süßwasser. Daneben gibt es in Antarktika auch Oberflächenseen (mit teilweise ganzjährig zugefrorener Oberfläche) wie den Fryxellsee und hypersaline Seen wie den Don-Juan-See, der mit einem Salzgehalt von über 40 % als salzhaltigstes Gewässer der Erde gilt.
Flüsse
Eine weitere geographische Besonderheit Antarktikas ist das weitgehende Fehlen von oberflächlichen Flüssen. Der größte Fluss Antarktikas, der Onyx River, ist ein etwa 30 km langer Schmelzwasserfluss, der nur während des späten antarktischen Sommers (Februar, März) fließt.
Jedoch wurde 2006 entdeckt, dass die subglazialen Seen vermutlich durch ein Netzwerk subglazialer Flüsse untereinander verbunden sind und ein Druckausgleich und Wassertransport zwischen ihnen stattfindet. Die subglazialen Flüsse befinden sich teils über, teils unter Meeresspiegelhöhe.
Die 1911 entdeckten rotgefärbten Blood Falls bestehen aus eisenhaltigem hypersalinem Wasser, das aus einem subglazialen See stammt.
Antarktische Oasen
Als Antarktische Oasen werden große (weitgehend) eisfreie Regionen in Antarktika bezeichnet. Die größten Antarktischen Oasen werden von den Trockentälern im Viktorialand gebildet. Antarktische Oasen sind felsig und enthalten oft Süßwasserseen. In diesen Gebieten lässt sich die antarktische Flora und Fauna erkunden. Sie sind außerdem für die Suche nach Fossilien bedeutsam.
= > Antarktische Oasen
Gletscher und Eisströme
Die antarktischen Eismassen bewegen sich beständig fließend in Richtung der Küsten des Südlichen Ozeans. Dabei gibt es Bereiche, in denen sich das Eis signifikant schneller bewegt als in angrenzenden Bereichen, diese werden Eisströme genannt. Sie sind eine spezielle Form von Gletschern.
Die Eisströme können Hunderte von Kilometern lang sein, 50 km breit, 2 km hoch, und ihre Geschwindigkeit kann bis zu 1000 Meter pro Jahr betragen. An den Rändern der Eisströme treten Scherkräfte auf, die das Eis verformen und weicher machen. Dort entstehen zahlreiche Gletscherspalten.
Die meisten Eisströme Antarktikas werden Gletscher genannt, aber nicht jeder Gletscher ist auch ein Eisstrom. Dort, wo Eisströme ins Meer strömen, können Gletscherzungen („Eiszungen“) weit ins Meer hinaus ragen.
Schelfeise
Etwa 44 % der Küstenlinie Antarktikas ist Schelfeis. Dies sind Süßwassereisplatten von 100 bis 1000 Metern Dicke, die nicht auf Land aufliegen, sondern als starre Gebilde auf dem Meerwasser schwimmen. Sie werden von Gletschern gespeist und sind fest mit diesen verbunden. Das Gletschereis gleitet über den kontinentalen Fels, bis es ab einem bestimmten Punkt, der Aufsetzlinie, von Meerwasser unterflossen wird. Ab dieser Linie wird es Schelfeis genannt und schiebt sich als zusammenhängende Platte ins Meer hinaus. An seiner Kante brechen fortwährend Eisberge unterschiedlichster Ausmaße ab, dies wird als „Kalben“ bezeichnet. Große von Schelfeis stammende Eisberge, die für die Antarktis typisch sind, werden aufgrund ihrer flachen Form Tafeleisberge genannt.
Per Definition werden die Schelfeisgebiete mit zum Kontinent gerechnet. Im Unterschied zum Schelfeis wird das aus Salzwasser bestehende Packeis, das Antarktika vor allem im Winter großflächig umgibt, nicht mit zum Kontinent gerechnet.
=> Antarktisches Schelfeis
Geologie
Antarktika liegt heute im Zentrum einer Kontinentalplatte (Antarktische Platte) und ist an allen Seiten von mittelozeanischen Rücken umgeben. Nur die der Antarktischen Halbinsel vorgelagerten Südlichen Shetlandinseln liegen auf einer eigenen Mikroplatte (Scotia-Platte).
Klima
Antarktika ist durch seine polare Lage unter allen Kontinenten in jeder Hinsicht ein klimatischer Extremfall.
Jahreszeiten und Tageslängen
Antarktika ist geprägt von zwei Jahreszeiten, die Winter und Sommer genannt werden.
Im antarktischen Winter (etwa März bis September) scheint die Sonne, je nach Breitengrad, nur wenige Stunden täglich oder gar nicht (Polarnacht). Im antarktischen Sommer (etwa September bis März) hingegen scheint sie, je nach Breitengrad, nahezu oder tatsächlich 24 Stunden am Tag (Polartag) und kreist dabei linksherum über den gesamten Himmel. In der Übergangszeit pendelt die Sonne unter und über den Horizont; diese Wochen sind von Dämmerung geprägt.
Temperaturen
Antarktika ist der kälteste Kontinent der Erde. Die inländische Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei −55 °C. Die Monatsmitteltemperaturen variieren aufgrund der Tageslänge. Auf dem Polarplateau erreichen die Temperaturen zwischen −40 und −68 °C und an der Küste zwischen etwa −18 °C im Juni und einigen Grad über null im wärmsten Monat Januar. Die tiefste jemals auf der Erde in der freien Natur gemessene Temperatur beträgt −89,2 °C, sie wurde am 21. Juli 1983 von der sowjetischen Wostok-Station auf dem Polarplateau aufgezeichnet.
Es gibt mehrere Gründe für die extrem niedrigen Temperaturen Antarktikas:
- Aufgrund der hohen geographischen Breite erhält das Land nur eine geringe Sonneneinstrahlung.
- Der antarktische Zirkumpolarstrom trennt den Kontinent von warmen Meeresströmungen.
- Schnee und Eis besitzen eine hohe Albedo, die den größten Teil der eingestrahlten Sonnenenergie reflektiert.
- Die niedrigen Lufttemperaturen führen zu einer äußerst geringen Luftfeuchtigkeit. Da Wasserdampf am wirksamsten die Wärmeabstrahlung verhindert, verliert das Land sehr viel Wärme an das All.
- Antarktika ist der Kontinent mit der höchsten durchschnittlichen Erhebung.
- Über den Polen ist die Troposphäre nur 8 km dick.
Niederschlag und Winde
In der Regel handelt es sich bei den antarktischen Niederschlägen um Schnee. Im Jahresdurchschnitt sind das etwas über 40 l/m2 im Inneren des Erdteils. Nach niederschlagsorientierter Definition sind diese Gebiete also eine Wüste – mithin die größte der Welt. Zur Küste hin nimmt der Schneefall jedoch deutlich zu.
Flora und Fauna
Während der Südliche Ozean und die riesige Packeiszone, die Antarktika umgeben, sowie die vorgelagerten Inseln voller Leben sind, ist das Innere des Kontinents öde und leer, da hier kaum höher entwickelte Lebensformen vorgefunden werden. Stattdessen werden diese Gebiete vorwiegend von Mikroorganismen, Moosen und Flechten sowie einigen wirbellosen Tieren bevölkert. Dafür sind diese Ökosysteme einzigartig auf der Erde. Zum einen liegen sehr extreme Umweltbedingungen vor, zum anderen ist die Region – durch Ersteres bedingt – noch weitgehend frei von menschlichen Einflüssen.
Ein ungewöhnliches und zugleich sehr einfaches Ökosystem liegt in den Trockentälern nahe der McMurdo-Station vor, das vorwiegend von Mikroorganismen, Moosen und Flechten und einigen wirbellosen Tieren bevölkert wird. Durch die wenigen vorkommenden Organismen können die Zusammenhänge und gegenseitigen Beziehungen sowie ihre Anpassung an die extremen Lebensbedingungen sehr umfassend untersucht werden.
Überraschenderweise stellte man fest, dass sich das Leben nicht nur auf die wenigen eisfreien Regionen beschränkt, sondern auch an unerwarteten Stellen nachgewiesen werden kann. In den Trockentälern wurden zum Beispiel Algen und Flechten gefunden, die innerhalb von Sandsteinfelsen leben. Selbst in den Weiten des antarktischen Eispanzers wurden in kleineren Eisspalten und Schmelzwasserseen auf den Gletschern verschiedene Algen und andere Organismen gefunden.
Bodenschätze
Bislang wurden in Antarktika verschiedene Erzminerale von Buntmetallen, Industriemineralen und Edelmetallen in meist unbedeutenden Konzentrationen gefunden.
Lagerstätten im bergbaulichen Sinne bilden nur die Kohlevorkommen im Transantarktischen Gebirge und den Prince Charles Mountains, sowie Eisenerze in den Prince Charles Mountains.
Generell beruhen die Abschätzungen des Rohstoffpotentials Antarktikas auf statistischen Hochrechnungen, bei der man die durchschnittliche Häufigkeit bestimmter Rohstoffe in den ehemals in Gondwana benachbarten Kontinenten Australien, Indien, südliches Afrika und Südamerika zur Fläche Antarktikas ins Verhältnis setzt. Demnach wären etwa 45 Milliarden Barrel Erdöl und 326 Billionen Kubikmeter Erdgas in den Sedimentbecken Antarktikas sowie auf dem Kontinentalschelf zu erwarten. Von diesen theoretisch zu erwartenden Lagerstätten wurde allerdings bisher keine entdeckt.
Das Umweltschutzprotokoll zum Antarktisvertrag von 1991 verbietet die Prospektion, Erschließung oder Gewinnung von Bodenschätzen in der Antarktis, dieses Bergbaumoratorium kann erst 50 Jahre nach Inkrafttreten, d. h. im Jahre 2041, durch eine Dreiviertelmehrheit der Konsultativstaaten des Antarktisvertrags neu verhandelt werden.
Bevölkerung
Antarktika hat keine Bevölkerung im eigentlichen Sinne. In den über 80 Forschungsstationen leben jedoch im Sommer circa 4000 und im Winter etwa 1000 Menschen, wobei die genaue Anzahl stark variiert. Allein auf der größten Station, der McMurdo-Station, lebten im Juli 2005 (also mitten im antarktischen Winter) 79 Frauen und 162 Männer.
Am 7. Januar 1978 wurde in der argentinischen Esperanza-Station in der Nähe von Hope Bay mit Emilio Palma das erste Baby auf dem antarktischen Festland geboren. 1986/1987 wurden im chilenischen Ort Villa Las Estrellas ein Junge und ein Mädchen geboren. Es gibt seit 1956 erste Sakralbauten in der Antarktis. Der mittlerweile von einem russisch-orthodoxen Kreuz überragte Friedhof der Buromski-Insel gehört mit über 60 dort bestatteten Menschen zu den geschützten Antarktisdenkmälern.
Politischer Status
Antarktika ist kein eigener Staat. Verschiedene Nationen haben Gebietsansprüche erhoben, die sich zum Teil überschneiden. Derzeit erheben sieben Nationen Ansprüche auf acht Territorien in Antarktika: Argentinien, Australien, Chile, Frankreich, Neuseeland, Norwegen und das Vereinigte Königreich:
Das Marie-Byrd-Land, in Westantarktika zwischen dem chilenisch und dem neuseeländisch beanspruchten Territorium gelegen, wird von keinem Staat beansprucht.
1961 trat der Antarktisvertrag in Kraft, der alle bis dahin gestellten Gebietsansprüche ausklammert und allen interessierten Nationen freien Zugang für wissenschaftliche Zwecke gewährt. Durch Zusatzprotokolle wurde der Antarktisvertrag ergänzt, um den Schutz der natürlichen Ressourcen für die Zukunft zu gewährleisten. Der Antarktisvertrag verbietet wirtschaftliche Aktivitäten außer der Forschung und dem Tourismus. Der Tourismus hat in den letzten Jahren stark zugenommen, und größter Arbeitgeber in der Antarktis ist die für die US-Stationen zuständige Raytheon Polar Services Company. Der Antarktisvertrag wird im Jahr 2041 auslaufen.
=> Politischer Status
Siehe auch
Weblinks
Quellen
Bildernachweis