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Verwerfung (Geologie)
Eine Verwerfung (auch Sprung, Verschiebung oder Störung im engeren Sinne) ist eine tektonische Zerreiß- oder Bruchstelle im Gestein, an der über Distanzen vom Zentimeterbereich bis zu einigen Dutzend bis hundert Kilometern zwei Gesteinsbereiche oder Krustenteile gegeneinander versetzt sind. Diese Gesteinsbereiche werden Bruchflügel, Blöcke oder Schollen genannt. Den Versatz bezeichnet man als Sprunghöhe bzw. Sprungweite.
Während der Überbegriff Störung im weiteren Sinn auch verschiedene Arten plastischer Verformung mit einschließen kann, wird als Verwerfung nur das Resultat einer bruchhaften Verformung bezeichnet.
Die entsprechende Tektonik wird als Bruchtektonik bezeichnet. Verwerfungen sind daher stets im obersten Teil der Erdkruste entstanden. Die Schnittlinie einer Verwerfung mit der Geländeoberfläche bzw. der Oberfläche des anstehenden Gesteins wird als Störungslinie, Bruchlinie oder Verwerfungslinie bezeichnet.
Aktive und inaktive Verwerfungen
Verwerfungen werden danach, ob das tektonische Spannungsregime, in dem sie entstanden sind, immer noch besteht, d. h., ob an der Störungsfläche nach wie vor (schubweise) Bewegungen stattfinden, unterschieden in rezente (noch aktive) Verwerfungen und fossile (inaktive, alte) Verwerfungen. Viele aktive Verwerfungen finden sich in jungen Faltengebirgen und in den Krustenbereichen, die diesen Faltengebirgen vorgelagert sind, oder in aktiven Grabenbrüchen. Entlang aktiver Störungssysteme verlaufen oft sogenannte Erdbebenlinien, schmale Zonen an der Erdoberfläche, in denen gehäuft Erdbeben registriert werden. Eine der diesbezüglich bekanntesten Verwerfungen ist die San-Andreas-Verwerfung im US-Bundesstaat Kalifornien, die gleichzeitig eine Plattengrenze ist und daher nur im oberen Teil der Erdkruste tatsächlich Verwerfungscharakter hat.
Aktive Verwerfungen müssen nicht zwangsläufig im bestehenden Spannungregime entstanden (angelegt worden) sein, sondern es kann sich auch um „alte Schwächezonen“ handeln, d. h., um zwischenzeitlich inaktive Verwerfungen, die im aktuellen Spannungsregime reaktiviert wurden. Viele der Verwerfungen, an denen die deutschen Mittelgebirge herausgehoben wurden, beispielsweise die Fränkische Linie oder die Harznordrandverwerfung, sind alte Störungen, die im Zuge der Alpenbildung reaktiviert worden sind.
Sofern sich aktive Verwerfungen unterhalb von relativ dicht besiedeltem Gebiet mit sensibler Infrastruktur erstrecken, ist es im Rahmen des Katastrophenschutzes sinnvoll, diese Störungen mit Methoden der Geotechnik und der Geodäsie zu überwachen.