Geschichte
Bereits 1504 strandeten spanische und indianische Matrosen, die während der vierten Reise von Christoph Kolumbus von Jamaika nach Hispaniola ruderten, um Hilfe für die in Seenot geratene Mannschaft zu holen, mit ihren Kanus an der Insel und tauften sie Navaza (von spanisch nava = Ebene).
Ursprünglich Haiti zugeordnet, wurde sie im Jahre 1857 unter Berufung auf
den Guano Islands Act von den USA annektiert, wodurch es das älteste Überseegebiet des Landes wurde. Es gab jedoch keinen Guano auf
der Insel, der weiße Phosphorit war mit dem Vogelkot verwechselt worden. Nachdem Phosphorit ebenfalls als Düngemittel Verwendung fand, wurde er genutzt, wobei der Abbau nach dem Ende des Sezessionskriegs 1865 intensiviert wurde.
In der Zwischenzeit erreichten 1858 zwei haitianische Kriegsschiffe die Insel und erklärten, sie für Haiti
in Besitz zu nehmen; der Betriebsleiter wurde aufgefordert, eine haitianische Genehmigung einzuholen. Die Anweisung wurde aber nicht durchgesetzt. In der Folge fuhr ein US-Kriegsschiff die Hauptstadt Haitis Port-au-Prince an, weil die beiden Staaten keine diplomatischen Beziehungen unterhielten, und gab eine Note ab, nach der die USA auf ihrem Anspruch auf die Insel bestehen und zur Sicherung ein Kriegsschiff in den Gewässern vorhalten würden.
Der Abbau endete 1898 im Spanisch-Amerikanischen Krieg, als die Insel auf Anordnung des
US-Präsidenten William McKinley evakuiert wurde. Das Abbauunternehmen ging später in Konkurs. Während der Abbauperiode wurde annähernd eine Million Tonnen Phosphorit gewonnen. Ab 1903 wurde die Insel von der US Navy als Außenstelle der Guantanamo Bay Naval Base verwaltet.
Im Jahr 1917 wurde Navassa von der United States Coast Guard übernommen und ein Leuchtturm im Süden der Insel errichtet, da seit Eröffnung des Panamakanals deutlich mehr Schiffe die Insel passierten. 1929 wurde der Leuchtturm auf automatischen Betrieb umgestellt und die Insel war im Regelfall wieder unbewohnt.
Haiti ließ seine Staatsangehörigen die Insel immer wieder nutzen und errichtete 1950 eine Kapelle auf der Insel, damit Seeleute vorbeifahrender Schiffe dort beten konnten. 1989 flog der Präsidenten-Hubschrauber Haitis die Insel an und setzte kurzzeitig sechs Funkamateure ab, die mit einem haitianischen Rufzeichen internationale Funkverbindungen herstellten. 1996 wurde der Leuchtturm wegen Fortschritten in der Navigationstechnik aufgegeben und die Insel fiel mit dem umgebenden Seegebiet an das Office of Insular Affairs des Innenministeriums der Vereinigten Staaten.
Ein Privatmann namens William
A. Warren erhob daraufhin Ansprüche auf die Insel, da die Insel inzwischen unbewohnt wäre und die Coast Guard mit dem Leuchtturm auch das US-Staatseigentum aufgegeben hätte. Der Fall wurde 2000 vom United States Court of Appeals für Washington, D.C. entschieden, die Ansprüche der Vereinigten Staaten von 1857 wurden bestätigt, die des Klägers von 1996 zurückgewiesen.
Aufgrund der Ergebnisse zweier Forschungsexpeditionen in den Jahren 1998
und 1999 wurde die Insel inklusive der Gewässer im Umkreis von 12 Meilen am
3. Dezember 1999 unter Naturschutz gestellt und seither als National Wildlife Refuge durch den United States Fish and Wildlife Service unter dem Namen Navassa National Wildlife Refuge verwaltet. Bei mehreren Expeditionen seit dem 19. Jahrhundert wurden auf der Insel verschiedene neue Spezies entdeckt.
Staatliche Ansprüche
Der Anspruch der Vereinigten Staaten stammt aus dem Guano Islands Act und wurde 1857 wirksam. Das Supreme Court of the United States entschied 1890 in Jones v. United States, dass der Guano Islands Act verfassungsgemäß und die Insel Teil des US-Staatsgebiets sei.
Demgegenüber hat Haiti schon in seiner ersten Verfassung von 1801 einen umfassenden Anspruch auf die umliegenden Inseln erklärt, aber nur die größeren Inseln namentlich aufgeführt. Seit 1806 wurden die angrenzenden Inseln nicht mehr benannt. Erst nachdem die USA ihren Anspruch angemeldet hatten, benennt Haiti seit der Verfassung von 1874 und bis heute die Insel als La Navase explizit im Verfassungstext als Teil Haitis.