Vom natürlichen See zum Stausee
Das Stausee-Volumen beträgt 204,8 km³ und sein Gesamt-Volumen 2760 km³. Seine ehemalige natürliche Größe wurde jedoch durch den Bau des Owen-Falls-Damms, der 1954 bei Jinja am Victoria-Nil fertiggestellt wurde, künstlich vergrößert, so dass der natürliche See vom Wasser des dadurch entstandenen Stausees – „Victoria Reservoir“ genannt – überflutet wurde. Seitdem sind auch die etwas nördlich seines ehemaligen Nordufers bis dahin freiliegenden Owen- und Ripon Falls überflutet. Der See, dessen Wasseroberfläche bei Vollstau in 1134 Meter Höhe liegt, ist verschiedenen Angaben zufolge maximal 81 Meter oder 85 Meter und durchschnittlich 45 Meter tief.
Nachdem im Jahr 2002 Uganda ein zweites Wasserkraftwerk in diesem Gebiet in Betrieb genommen hatte, erreichte im Jahr 2006 der Wasserspiegel des Sees einen Rekordtiefstand, wie er zum letzten Mal vor 80 Jahren gemessen wurde.
Der Viktoriasee ist erdgeschichtlich ein sehr junger See, sein Alter wird auf weniger als eine Million Jahre geschätzt. Vor 14.700 Jahren ist er das letzte Mal komplett ausgetrocknet. Er weist einen erstaunlichen Artenreichtum auf. Zu den Zuflüssen gehören auch die Flüsse Pindibo und Adabo (aus Burundi).
Der Vitoriasee wurde 1858 vom britischen Entdecker John Hanning Speke neu für die westliche Welt entdeckt und nach der damaligen Königin von Großbritannien, Victoria, benannt. 1875 bereiste Sir Henry Morton Stanley den See mit einem Schiff, wobei er ihn einmal komplett umrundete.
Flora und Fauna
Neben dem Flusspferd gibt es im Viktoriasee über 250 Fischarten. Ein großer Teil des Artenreichtums stellt die Familie der Buntbarsche (Cichliden), die gemessen an der relativ kurzen Zeit seit der letzten Austrocknung einen außerordentlich hohen Artenreichtum aufwiesen. Dieser war deshalb auch ein beliebtes Forschungsobjekt der Evolutionsbiologie.
Ökologisches Desaster
In den 1960ern wurde der Nilbarsch (Lates niloticus) als allochthone Art gezielt im Viktoriasee angesiedelt, um einen kommerziell gut verwertbaren Speisefisch zu züchten. Auf seine rasante Vermehrung folgte zwar der erwartete Aufschwung der exportorientierten Fischindustrie, sie endete allerdings in einem unerwarteten Desaster, da der Nilbarsch für das Aussterben eines Großteils der Buntbarscharten mitverantwortlich war und die einheimische Trockenfischindustrie ruinierte.
Heute ist der Nilbarsch als „Viktoriabarsch“ im internationalen Fischhandel erhältlich. Die Hintergründe dieser Entwicklung thematisiert der Film Darwin’s Nightmare. Durch konsequenten Konsum wurde allerdings auch der Nilbarsch stark dezimiert, was den anderen Fischarten wieder mehr Lebensraum zugesteht.
Ein weiteres Problem ist die ebenfalls nicht natürlich im Victoriasee vorkommende Wasserhyazinthe, die heute weite Flächen überwuchert. 1995 waren 90 % der ugandischen Küste mit dieser Pflanze bedeckt. Auch hier würde eine konsequente Nutzung zur ökologischen Entlastung beitragen.
Durch die dichte Besiedlung an seinen Ufern hat der See heute mit massiven Umweltproblemen wie z. B. Verschmutzung und Sauerstoffmangel zu kämpfen. Diese Krisenerscheinungen bewogen den Global Nature Fund, den Lake Victoria zum „bedrohten See des Jahres 2005“ zu erklären. Laut einem 2018 erschienenen IUCN-Bericht sind ein Fünftel der 651 untersuchten Arten im Viktoriaseebecken vom Aussterben bedroht. Unter den 205 beschriebenen endemischen Arten sind drei Viertel stark gefährdet.
Siehe auch
Weblinks
Quellen
Bildernachweis