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Tinian
Tinian ist neben Saipan und Rota eine der drei großen Inseln des Commonwealth der Nördlichen Marianen. Sie war kurze Zeit (1899–1918) Teil der Kolonie Deutsch-Neuguinea. Die Insel befindet sich ca. acht km südwestlich von Saipan, der größten Insel der Nördlichen Marianen, und etwa 130 km nördlich von Guam. Die Landfläche beträgt 101,01 km². Tinian ist eine recht flache Insel mit viel Grün und Stränden. Ihren höchsten Punkt erreicht die Insel im Osten mit dem Berg Lasso (171 Meter).
Klima
Tinian befindet sich nicht nur in den geographischen Tropen (15°00' N), sondern auch in den klimatischen Tropen, das heißt, die tageszeitliche Temperaturschwankung fällt im Jahr größer aus als die jahreszeitliche Schwankung. Die Tageshöchstwerte, die auf Tinian meistens zwischen 12 und 16 Uhr erreicht werden, betragen von Dezember bis März 28 °C, sonst 29 bis 30 °C; nachts wird es das ganze Jahr selten kühler als 25 °C. Die Regenzeit dauert von Juli bis November. Das Klima ist ganzjährig schwül mit meist mehr als 80 % relativer Luftfeuchtigkeit. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit und der intensiven Sonneneinstrahlung liegt das subjektive Temperaturempfinden das ganze Jahr über meistens um 4 bis 8 °C über den Messwerten. Die Oberflächenwassertemperatur des Pazifischen Ozeans vor Tinian beträgt 27 bis 29 °C.
Tinian steht das ganze Jahr über unter Einfluss des Nordost-Passats, der in der europäischen Winterzeit mehr von Nordost kommend auf die Insel trifft, während er in der europäischen Sommerzeit fast exakt aus Ost auf die Insel zukommt. Der NO-Passat bringt durchschnittlich eine Windstärke von 3 bis 4 Beaufort mit sich. Sollte sich aber tausende Kilometer weit entfernt ein Aleutentief bilden, können Ausläufer mehrere Tage hintereinander höhere Windstärken erzeugen.
Die Tageszeitlänge variiert von 11,5 (21.12.) bis 13 Stunden zur Sommersonnwende. Die Dämmerungsphasen am Morgen und Abend sind wegen der äquatornahen Lage kürzer als in Mitteleuropa, da sie Sonne mittags annähernd senkrecht stehen kann und steiler auf- und untergeht: 22 bis 25 Minuten auf Tinian gegenüber 32 bis 45 Minuten in Deutschland.
Bevölkerung
Die Einwohnerzahl betrug im Jahre 2010 3.136. Im Jahre 200 waren es noch 3.540. Die meisten Einwohner sind Chamorros (ca. 75 %) und Angehörige verschiedener Gruppen von anderen Inseln der Karolinen. Daneben gibt es Minderheiten von ostasiatischen und europäisch-stämmigen Menschen. Auf Tinian werden Chamorro, Englisch und Japanisch gesprochen. Die Religion ist meistens eine ethnische Religion mit römisch-katholischen Einflüssen.
Die Kultur ist eine Mischung aus Chamorro-Kultur, mit Einflüssen aus 200 Jahren spanischer Kolonialherrschaft, sowie Einflüssen japanischer Kultur. Den spanischen Einfluss sieht man nicht nur anhand der römisch-katholischen Kirche, sondern auch an dem Cha-Cha-Cha-Tanz, der hier in einer etwas abgewandelten Form zelebriert wird. Der japanische Einfluss zeigt sich auf Tinian insbesondere an den japanischen Shintō-Schreinen.
Geschichte
Spuren menschlicher Besiedlung reichen über 4000 Jahre zurück. Damals wurde die Insel vermutlich von Melanesiern besiedelt. Die Ureinwohner Tinians heißen Chamorros; sie stammen aus Guam und kamen zuvor aus dem malaysisch-indonesischen Raum.
Spanische Herrschaft von 1670 bis 1898
Nachdem der portugiesische Seefahrer Ferdinand Magellan die Region der Karolinen bereits um 1521 durchfuhr, besetzten die Spanier die Marianen-Inseln ab 1668 von Süden (Guam) nach Norden (Farallon de Pajaros). Tinian diente ab 1670 den europäischen Seemännern oder Seemännern im Auftrag der Spanier als Versorgungsstation mit Nahrung und Wasser. Bereits damals wurden die noch heute andauernden Verbindungen zwischen den nördlichen Marianen und den Philippinen geschaffen. Während der spanischen Herrschaft, die bis 1898 dauerte, schrumpfte die Bevölkerungszahl auf Tinian von 40.000 Ureinwohnern (Chamorros) auf nur noch 1400 Einwohner herunter.
Die Überlebenden wurden von den Spaniern ab 1720 nach Guam geschafft, wo sie besser kontrolliert und missioniert werden sollten. Viele Chamorros wurden später nach Mikronesien, insbesondere nach Pohnpei und Yap vertrieben. Es kam im Verlaufe der Zeit zu Mischehen mit Europäern auf Guam und zu einer „Verchristlichung“ ihrer Sitten und Bräuche. Doch die Chamorros haben bis heute Teile ihrer ursprünglichen Kultur (u. a. die Sprache) behaupten können.
Tinian selbst wurde zu einer „Wurstinsel“, auf der unter anderem Rinder und Schweine gehalten wurden, um ihr Fleisch um ihr Fleisch über den Pazifik nach Mexiko, der Pazifikküste Südamerikas oder Asien zu transportieren.
Deutsche Herrschaft von 1899 bis 1914
Nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg im Jahre 1898 wurde Tinian zusammen mit den anderen Inseln der Marianen von den Vereinigten Staaten besetzt und wenig später an das Deutsche Reich verkauft. Das Deutsche Reich gliederte die Insel in die Kolonie Deutsch-Neuguinea ein. Unter der Herrschaft der Deutschen, die 15 Jahre währte (1899 bis 1914), diente Tinian genau wie unter den Spaniern der Wirtschaft ihrer Besitzer. Es gab weder eine dauerhafte Besiedelung der Insel noch eine Rückkehr der Chamorros.
Japanische Herrschaft von 1914 bis 1941
Infolge des Ersten Weltkriegs in Europa übernahm zuerst – formal – Großbritannien die Insel, ehe kurz darauf und noch im selben Jahr Japan die deutschen Kolonien im nördlichen Pazifik besetzte bzw. mit seiner kaiserlichen Marine sicherte (mit Ausnahme von Guam).
1918 erhielt Japan vom damaligen Völkerbund Tinian und alle anderen deutschen Gebiete in Mikronesien als Mandatsgebiet. Dies änderte aber nichts daran, dass Japan weiter erheblichen Einfluss auf die Marianen-Inseln ausübte und u. a. auch auf Tinian Japaner ansiedelte.
Während der japanischen Herrschaft kamen mehr als 14.000 Ostasiaten, insbesondere Koreaner und Japaner aus der Präfektur Okinawa, nach Tinian. Außerdem war man bestrebt, die natürlichen Vorkommen der Insel auszuschöpfen.
Zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wurde Tinian eine der größten Zuckerplantagen der Welt. Die gesamte Insel wurde innerhalb von zehn Jahren für den Zuckeran- und abbau hergerichtet. Infolge des hohen Bevölkerungsanteils, der an ein Stadtleben gewohnt war, wurde Tinian eine „Stadtinsel“, auf der Wasserwerke, Kraftwerke, befestigte Straßen, Schulen und ostasiatische Unterhaltungs- und Religionsgemeinschaften gegründet wurden. Die Herrschaft der Japaner endete jäh mit dem verlorenen Pazifikkrieg.
Tinian und der Pazifikkrieg 1941 bis 1945
Tinian besaß für die Amerikaner eine wichtige strategische Bedeutung, als sie zum Gegenangriff gegen die Japaner ausholten, die zuvor Pearl Harbor bombardiert hatten. Japan lag mit einer Entfernung von c.a. 2500 km in der Reichweite von amerikanischen B-29 Bombern.
Im Juni 1944 wurde zuerst Saipan,im Juli 1944 dann Tinian von den US-Truppen erobert. Die aus Koreanern und Japanern bestehende Bevölkerung der Insel wurde anschließend bis zum Kriegsende in die Inselmitte (Camp „Churo“) interniert.
In der Zwischenzeit arbeitete das Bauregiment der U.S. Navy an einer der größten Militärflugbasen des Zweiten Weltkriegs. Am Ende der Bauarbeiten verfügte sie über vier Lande-/Startbahnen. Von Tinian starteten 1945 die B-29-Bomber Enola Gay und Bockscar für die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki.
Der Stützpunkt existiert noch heute auf Tinian, hat aber seine Bedeutung verloren. Von den ursprünglich vier Landebahnen ist nur noch eine in Betrieb. Auf dem Flugfeld markieren Plaketten die Punkte, an denen die beiden Atombomben verladen wurden.
Tinian von 1946 bis heute
Tinian wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst von den USA in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen als ein Treuhandgebiet verwaltet. Später wurde die gesamte mikronesische Region ein US-amerikanisches Außengebiet, nachdem die Bevölkerung der Marianen zuerst mehr Unabhängigkeit von den Vereinten Nationen verlangte und später, auch aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom US-Militär, die Nähe der USA suchte.
Im Jahre 1972 wurden die Marianen-Inseln und damit auch Tinian auf eigenen Wunsch unabhängig vom Rest des US-Außengebiets Mikronesien. 1978 trat ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten in Kraft, das neben der Verfassung des neugegründeten Commonwealth der Nördlichen Marianen eine enge politische Bindung an die USA begründete. Tinians Staatsoberhaupt ist seitdem der US-Präsident, die offizielle Währung der US-Dollar.
Bis 1990 spielten Tinian und vor allem Saipan aufgrund ihrer geografischen Lage und der damit verbundenen strategischen Bedeutung im Kalten Krieg eine herausragende Rolle für die US-Streitkräfte. Auch heute noch ist das Militär der USA präsent, jedoch nicht mehr in dem Maße wie früher. Die entsprechenden Einrichtungen werden nur noch zeitweise genutzt, insbesondere für Manöver. Dennoch sind die wenigen Übungen, die die USA auf Tinian durchführen, für die Insel von großer Bedeutung, denn diese bringen dringend benötigtes Geld in die Kassen. Die Hauptwirtschaftszweige der kleinen Insel sind heute aber andere.
Wirtschaft
Da Tinian gerade einmal 3.540 Einwohner aufweist, ist die Wirtschaft dementsprechend klein. Sie besteht zum größten Teil aus dem Tourismus. Mit ihm kamen Dienstleistungen wie z. B. Autovermietungen und die Glücksspielindustrie nach Tinian. Glücksspiele sind 1989 gesetzlich erlaubt worden. Momentan ist sogar die Glücksspielindustrie, die aus einem großen Casino und diversen Videospielen besteht, die größte Einnahmequelle der Insel. Daneben ist das Luxushotel „Dynasty“ das Statussymbol der Insel, welches die zahlungskräftigsten Kunden anlockt.
Die Landwirtschaft spielt hierbei rein vom wirtschaftlichen Ertrag her eine untergeordnete Rolle, wird aber, v. a. im ländlichen Raum, der vielfach vorhanden ist, zur eigenen Ernährung betrieben (Subsistenzwirtschaft).
Tourismus
Während Saipan, die größere nördliche Nachbarinsel, durchaus quirlig wirken kann, ist Tinian eine ruhige Insel geblieben. Tinian ist insofern touristisch erschlossen, als es Hotels mit internationalem Standard gibt. Da es aber keine öffentlichen Transporteinrichtungen wie Busse oder Bahnen (außer Schulbusse) gibt, ist der Tourist von dem Service der Hotels abhängig.
Infrastruktur
Es gibt einen Schiffshafen, manchmal auch einen Fährservice nach der Nachbarinsel Saipan. Daneben existiert ein Straßennetz, das sich im Norden und im Süden konzentriert mit einigen befestigten Straßen. Während der Norden durch das Militär geprägt wurde, ist der Süden das Zentrum der Insel. Die beiden „Köpfe“ werden durch zwei im Inselinneren und von Nord nach Süd verlaufenden Straßen verbunden. Die östliche der beiden Straßen ist ein offizieller Highway.
Hinzu kommt ein kleiner Flughafen, der sich fast zentral, aber doch etwas weiter nach Süden versetzt, befindet und auch international angeflogen wird.