Innereurasische Grenze
Grenzverlauf
In Ermangelung einer eindeutigen marinen Grenze wie bei den anderen Kontinenten, die auch geophysikalisch und kulturell erkennbar ist, ist jede Grenzziehung zwischen Europa und Asien eine Frage der Konvention. Tatsächlich gibt es keine völkerrechtliche Definition dieser Grenze.
Unumstritten als Grenzen zwischen Europa und Asien sind die Meeresengen der Dardanellen und des Bosporus, das Schwarze Meer und das Kaspische Meer. Auch die nördlich einer Verlängerung der Uralkette liegenden russischen Inseln Waigatsch und Nowaja Semlja werden allgemein Europa zugeordnet und die Sibirische Inseln nordöstlich des Urals Asien. Dagegen wird die Zugehörigkeit des Franz-Josef-Lands unterschiedlich gesehen.
Beim Ural als Grenze gibt es mindestens zwei Festlegungen. Die eine folgt dem Uralkamm, meist auch die Wasserscheide. Mit vielen Monumenten und Grenzmarkierungen ist eine Kontinentgrenze am östlichen Uralfuß, dem Übergang zu Sibirien gekennzeichnet.
Insbesondere im Bereich zwischen Kaspischem Meer und Schwarzem Meer gibt es keine einheitliche Festlegung. Zum Teil werden die Straße von Kertsch, das Asowsche Meer und die etwa 300 Kilometer nördlich vom Kaukasusgebirge gelegene Manytschniederung als Grenze zwischen den Erdteilen betrachtet, weil an ihrer Stelle einst das jetzige Kaspische Meer mit dem jetzigen Schwarzen Meer verbunden war. Ebenso wird der Kaukasus und hier speziell die Wasserscheide zwischen der Nordflanke und der Südflanke als Grenze zwischen Europa und Asien angesehen. Im englisch- und französischsprachigen Raum dominiert diese Definition. Dort gilt die Festlegung der Manytschniederung als Südost-Grenze Europas oft als eine spezielle Interpretation des Russischen Zarenreichs (die Manytschniederung war im Russischen Reich die Nordgrenze des Generalgouvernements Kaukasien). Selbst in der Sowjetunion haben angeblich einige Geologen die Grenzziehung am Kaukasus bevorzugt.
In der Großen Sowjetische Enzyklopädie war bis zur letzten Auflage noch die Kontinentgrenze nach Strahlenberg eingetragen. Je nachdem welcher Festlegung gefolgt wird, liegt der Elbrus (5642m) , der höchste Berg des Kaukasus, im ersten Fall im asiatischen Teil, im letzten Fall im europäischen Teil, womit er der höchste Berg Europas wäre.
Keine eindeutige Abgrenzung gibt es auch in der Ägäis. Galt die Ägäis mit ihrer Inselwelt früher in ihrer Gesamtheit als Übergang von einem Kontinent zum anderen, so wird seit dem 20. Jahrhundert gemeinhin die in ihrer jetzigen Form seit 1923/47 bestehende politische Grenze zwischen Griechenland und der Türkei mit der Grenze zwischen Europa und Asien gleichgesetzt, obwohl viele griechische Inseln der Küste Kleinasiens näher liegen als dem griechischen Festland.
Geschichte des Grenzverlaufs
Für eine innereurasische Grenze gibt es geographisch gesehen kein eindeutiges Merkmal. Ursprünglich jedoch galten bei den antiken Griechen Bosporus und Kaukasus als Grenze Europas, zur Zeit der Völkerwanderung und im Mittelalter waren es Bosporus und der Fluss Tanais (Don), die Europa von Asien trennten. Die letzte offiziell anerkannte Grenze ist die von Philip Johan von Strahlenberg aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts; sie verläuft durch die Manytschniederung nördlich des Kaukasus, dann durch das Asowsche Meer und die Straße von Kertsch (Kimmerischer Bosporus) zum Schwarzen Meer. Über die genaue Grenzziehung im Gebiet zwischen Don und Kaukasus hatte zuvor über Jahrhunderte ein Disput bestanden. Nachdem Strahlenberg vom russischen Zaren mit der Vermessung beauftragt wurde, wurde seine Grenzfestlegung im Jahr 1730 vom Zarenhaus anerkannt und von der Wissenschaft übernommen.
Des Weiteren hatte es sich seit der Neuzeit aufgrund unterschiedlicher geographischer, geschichtlicher und gesellschaftlicher Überlegungen eingebürgert, beide Urale (Gebirge und Fluss) als östliche Grenze Europas zu Asien anzusehen. Die vorläufigen Ergebnisse einer im April/Mai 2010 durchgeführten Expedition der Russische Geographische Gesellschaft in Kasachstan haben gezeigt, dass die Grenzziehung zwischen Europa und Asien entlang des Flusses Ural über keine ausreichenden wissenschaftlichen Grundlagen verfügt. Das Problem ist, dass der Südural von seiner Achse abweicht und sich in mehrere Teile gliedert. Die Berge flachen allmählich ab und verlieren ihre Bedeutung als geographische Grenze.
Die Flüsse Ural und Emba (der – nach von Strahlenberg – auch als Grenzfluss galt) als weitere geographische Grenze anzunehmen, ist wenig sinnvoll, da das Gelände auf beiden Seiten der Flüsse ähnlich ist, auch Lebens- und Wirtschaftsräume werden durch die Flüsse nicht geteilt. Als Ergebnis der Expedition wurde eine Abgrenzung südöstlich der Linie A vorgeschlagen: Der südliche Teil der Grenze erstreckt sich vom Südural zum Mugodschar-Gebirge (Kasachstan, Aqtöbe-Gebiet), dann entlang der Südkante der Kaspischen Senke, wo die Osteuropäische Ebene endet. Die Kaspische Senke wurde vor Millionen Jahren gebildet, als das Kaspische Meer die westlichen Hänge des Ustjurt-Plateau auswusch. Nach Meinung der Wissenschaftler sollte als Grenze zwischen Europa und Asien dieser Rand der geologischen Formationen angesehen wurden. Die Namensgleichheit von Ural-Gebirge und Ural-Fluss gibt es erst seit der Regierungszeit Katharinas der Großen (1762 - 1792) , die den vorher Jaik genannten Fluss umbenennen ließ, wohl auch, um die Erinnerung an den Pugatschow-Aufstand auszulöschen, in dessen Verlauf auch in der Flussregion ausgiebige Kampfhandlungen stattgefunden hatten.
Siehe auch
Weblinks
Quellen
Bildernachweis